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ZITATE AUS DER LITERATUR ZUR ALEXANDERTECHNIK: Kinästhetische Wahrnehmung


Liebe Marie,

die Literatur zur Alexandertechnik teilt sich auf in die Primär- die Sekundär und die Tertiärliteratur. Zur Primärliteratur zählen nur die Schriften, die F. M. Alexander selbst verfasst hat. Werke der Sekundärliteratur sind die Bücher seiner Schüler, die er noch selbst unterrichtet hat, und alles Übrige, was zur Alexandertechnik geschrieben wurde, gehört zur Tertiärliteratur. Die vorliegenden Abschnitte stammen aus dem Buch Dr. Wilfred Barlows "Die Alexandertechnik".


"Ein Kunstwerk zeichnet sich im Gegensatz zum Kitsch dadurch aus, dass der Betrachter mit jedem neuen Blick auf das Werk darin neue Aspekte erblickt. Dies führt dazu, dass die ersten Eindrücke revidiert und weitere Nuancen und Feinheiten entdeckt werden. Nehmen wir als Beispiel die Musik, in der sich, wie viele Leute bemerkt haben, deutliche Parallelen aufdrängen. Ein unbedarfter Zuhörer ist vielleicht zunächst nur in der Lage, sich aus einer Beethoven-Symphonie bestimmte melodische Passagen, rhythmische Muster und die dominanten Instrumente herauszupicken. Mit zunehmender Hörerfahrung wird er aber Variationen in den Themen und den Mustern bemerken und vielleicht auch die ein oder andere Umkehrung eines Themas, verkürzte Versionen oder in eine andere Tonart transponierte Abschnitte erkennen. Er wird mehr und mehr in der Lage sein, sich auf die verschiedenen Instrumente zu konzentrieren und ihnen in ihrer Entwicklung durch das gesamte Werk oder zumindest durch ausgedehnte Passagen zu folgen. Er wird die Geduld aufbringen, jeder Bewegung in der Tonabfolge zu lauschen und auch verschiedene Stimmungen in dem Musikstück wahrzunehmen.

Mit zunehmender Vervollständigung seiner Fähigkeiten wird der Zuhörer in die Lage versetzt, Beziehungen zwischen grundverschiedenen Abschnitten des Werkes aufzudecken, und er wird es sich erlauben wollen, sich das eine Mal auf den einen rhythmischen, melodischen, harmonischen oder instrumentalen Aspekt der Symphonie zu fokussieren und das nächste Mal auf einen anderen. Vielleicht gelingt es ihm jetzt sogar, seinen Fokus auf mehrere Aspekte gleichzeitig zu legen. Bald wird er das Werk so gut kennengelernt haben, dass er es in seinem Geist nachzeichnen, verschiedene Aufführungen miteinander kritisch durchleuchten und bei den ersten Andeutungen die weitere Entwicklung vorwegnehmen kann. Zu gegebener Zeit, wenn ihm danach ist, wird er aber auch in der Lage sein, auf eine profunde Analyse ganz zu verzichten, und sich stattdessen einfach nur der Melodie und dem Rhythmus hinzugeben. Anders als den weniger musikalisch gebildeten Zuhörern steht es ihm frei, zu einer differenzierteren und verfeinerten Wahrnehmung des Stückes zurückzukehren – wenn er es denn will."


Was, liebe Marie, für die Betrachtung eines Kunstwerks gilt, hat auch Gültigkeit für die kinästhetische Wahrnehmung in der Alexandertechnik: Mit der Vervollständigung dieser Fähigkeit wird ein Mensch in die Lage versetzt, Beziehungen zwischen den verschiedenen Teilen seines Organismus aufzudecken. Er wird mehr und mehr und immer genauer wahrnehmen, wie die einzelnen Körperteile zueinander stehen; er wird lernen, Verspannungen aufzuspüren und er wird lernen zu erkennen, wenn sein Körperaufbau disharmonisch ist, wenn diese Verspannungen seinen Körper verzogen haben. Ohne die Schulung seiner kinästhetische Wahrnehmung wird ein Mensch kaum in der Lage sein, seinen allgemeinen Gebrauch so zu verändern, dass er nicht länger in das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken eingreift.


Bis bald

Dein Großvater













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