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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Zur Ader lassen


Liebe Marie,

in Ken Folletts Roman "Die Säulen der Erde" wird Lord Percy wiederholt "zur Ader gelassen" und seine Frau bringt ihren Gatten schießlich auch auf diese Weise um die Ecke.


Für einen "Aderlaß" wird eine Vene geöffnet, so dass einiges Blut aus dem Blutkreislauf eines Menschen abfließen kann. Bis in eine Zeit hinein, "die wir schon als modern bezeichnen würden," galt der Aderlaß als ein probates Mittel, um mit Krankheiten aller Art fertig zu werden. So kann man es in "Eine kurze Geschichte des menschlichen Körpers" von Bill Bryson nachlesen. Weiter heißt es dort: "Warum war der Aderlaß so lange gängige Praxis? Die Antwort: Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hielten Ärzte Krankheiten nicht für eingegrenzte Anomalien, die jeweils eine eigene Therapie erforderten, sondern für allgemeine Störungen des Gleichgewichts, die den gesamten Körper betrafen. Man gab nicht ein Medikament gegen Kopfschmerzen und ein anderes beispielsweise gegen Geräusche im Ohr, sondern versuchte, den gesamten Organismus wieder ins Gleichgewicht zu bringen." - Ein im Prinzip wirklich brillianter Gedanke! Nur waren die verwendeten Methoden, um den Organismus "von Giftstoffen zu reinigen", nicht unbedingt dafür geeignet."Zu diesem Zweck verabreichte man Abführmittel, Brechmittel und harntreibende Mittel oder man befreite den Betroffenen (eben) von einer oder zwei Schalen voller Blut."


Die "Medizin" hatte dann durchaus erkannt, dass sie mit ihren bisherigen Mitteln nicht weiterkam, dass sie miit ihnen im Gegenteil mehr Schaden anrichteten, als dass sie zu einer nachhaltigen Heilung beitrugen. Anstatt aber die eingesetzten Mittel zu hinterfragen, hat die Medizin eine totale Kehrtwendung vollzogen und sehr bald darauf gesetzt, für jedes Krankheitsbild eine eigene spezifische Behandlung zu ersinnen. Diese Kehrtwendung hat sich letztlich als falsch erwiesen. Manche Krankheitsbilder verschwinden zwar in aller Regel mit der Behandlung mehr oder weniger, sehr schnell aber bilden sich neue Krankheitssymptome, die ggf. schwerwiegender sind als die behandelten, weil die Ursache für die Krankheitsbilder eben nicht beseitigt worden ist, sondern weiter bestehen bleibt.


Den Nachweis, dass die Vorstellung, den Organismus insgesamt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, mehr als nur Hand und Fuß hat, hat F. M. Alexander zu Beginn des 20. Jahrhunderts inzwischen eindeutig erbracht. Als er nach einer Lösung für seine Stimmprobleme als Rezitator suchte, machte er die Entdeckung, dass ein allgemeiner Gebrauch, bei dem das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken ungestört bleibt, früher oder später im gesamten Organismus des Menschen zu Gesundheit und Wohlbefinden führt. Damit nicht genug, er entwickelte zudem eine Technik - die nach ihm benannte Alexandertechnik -, mit der ein solcher Gebrauch wiedererlangt werden kann, wenn dieser Gebrauch dadurch beständig gestört ist, dass jemand - bewusst oder unterbewusst - seinen Kopf zurück- und einzieht, den Hals versteift, seinen Rücken verkürzt und eng macht, Gelenke feststellt - die Auswahl angefangen vom Kiefergelenk bis hinunter zu den Fußgelenken ist groß -, seine Schultern hochgezogen hält, mit nach innen gerichteten Knien oder einwärts gedrehten Füßen geht oder steht, ein Hohlkreuz ausbildet, seinen Brustkorb versteift, mit hängenden Schultern oder mit hängendem Kopf durch die Welt läuft, seine Beine in den Rumpf einzieht, beim Gehen oder Stehen die Gesäßbacken zusammenkneift, seine Zehen einzieht, sich einen Buckel macht, seine Hüften verdreht hält, seine Gesichtsmuskeln eingerfroren hat, die Zunge versteift oder, oder, oder.


Jedes einzelne dieser schädlichen Verhaltensmuster ist ein weit geöffnetes Einfallstor für Krankheit und Gebrechen. Sie alle, wie auch manch andere, tragen dazu bei, dass der betroffene Organismus insgesamt aus dem Gleichgewicht gebracht wird, indem das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken gestört wird. Und die Störung dieses Verhältnisses lässt neue schädliche Verhaltensmuster gedeihen. Ein unheilvoller Kreislauf, ein "Teufelskreis" ist in Gang gesetzt, der aber mit den Mitteln der Alexandertechnik durchbrochen werden kann. Zu diesen Mitteln zählen die Hemmung einer sofortigen Reaktion auf einen Reiz, die Wiederinstandsetzung der kinästhetischen Wahrnehmung und die bewusste Steuerung und Kontrolle des natürlichen Verhältnisses zwischen Kopf, Hals und Rücken durch die Selbstbefehle zur Primärkontrolle dieses Verhältnisses. Diese Mittel sind, einer wie das andere, so weit von Aderlaß und Co. entfernt, wie sie weiter nicht entfernt sein können.


Bis bald

Dein Großvater


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