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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Wahrheiten


Liebe Marie,

"jede Wahrheit erhebt den Anspruch zwingender Gültigkeit. (..) Aussagen mit absolutem Wahrheitsanspruch können sehr verschiedener Art sein. Eine mathematische Wahrheit 'Die Winkel eines Dreiecks sind zwei rechten Winkeln gleich', eine wissenschaftliche Wahrheit 'Die Erde bewegt sich um die Sonne', eine philosophische Wahrheit 'Es ist besser Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun', und eine Tatsachenwahrheit ' Im August 1914 fielen deutsche Truppen in Belgien ein' werden auf völlig verschiedene Weise produziert und bewiesen. Sind sie aber erst einmal als Wahrheit anerkannt, so ist ihnen eines gemeinsam, dass nämlich ihr Gültigkeitsanspruch durch Übereinkunft, Diskussion oder Zustimmung weder erhärtet noch erschüttert werden kann, (..) weil der Aussagegehalt selbst nicht überzeugender, sondern zwingender Natur ist." Dies schreibt die Philosphin Hannah Arendt in ihrem Essay "Wahrheit und Politik".


"Tatsachenwahrheit"? - Die Philosophin unterscheidet zwischen einer Tatsachen- und einer Vernunftswahrheit. Mit Vernunftswahrheit umschreibt sie das, "was der menschliche Geist entdecken oder ersinnen kann - Axiome, wissenschaftliche Entdeckungen oder philosophische Theorien." Tatsachenwahrheiten "handeln von rein menschlichen Dingen, betreffen Ereignisse und Umstände, in die viele Menschen verwickelt sind, und sind abhängig davon, das Menschen (darüber) Zeugnis ablegen - selbst wenn es sich um rein 'private' Tatbestände handelt, macht sich ihre Wirklichkeit erst geltend, wenn sie bezeugt und Gegenstand einer Kundgebung geworden ist.". (ebenda)


Nach der Definition Hannah Arendts ist das Roux'sche Gesetz, wonach der Gebrauch die Funktion bestimmt, zweifelohne eine Vernunftswahrheit, eine logische Wahrheit. Und dieses Gesetz bildet auch die Grundlage der Alexandertechnik, die F. M. Alexander durch "ein lang andauerndes, geduldiges und unermüdliches Beobachten und Experimentieren" entwickelt hat, so Prof. phil. John Dewey (1859/1952) in seinem Vorwort zu F. M. Alexanders Der Gebrauch des Selbst (BooksonDemand, 2021) Und weiter schreibt John Dewey in seinem Vorwort: "Die Verfahrensweise und die Schlussfolgerungen F. M. Alexanders genügen allen strikten Anforderungen, die an die Wissenschaftliche Methode gestellt werden. Er hat diese Methode auf einem Feld zur Anwendung gebracht, auf dem sie bisher noch nicht eingesetzt worden ist: Auf dem Feld unseres Urteilsvermögens und unserer Glaubensgrundsätze in Bezug auf uns selbst und unsere Aktivitäten. Mit einer solchen Anwendung hat er die Resultate, die die Wissenschaft auf dem Feld der Physik erzielt hat, abgerundet. Und er hat es auf eine Weise getan, die es ermöglicht, sie zum Nutzen des Menschen zu verwenden."


"F. M. Alexanders Beobachtungen und Experimente hatten zur Folge, dass er das geschaffen hat, was man wahrlich eine "Psychologie des lebenden Organismus" nennen kann. Sie haben zu tun mit der tatsächlichen Reaktionsweise des Körpers, mit dem sich in Aktivität befindlichen Organismus und mit den Aktivitäten unter den normalen Lebensumständen – mit dem Sich-Hinsetzen und Aufstehen, mit dem Stehen und Gehen, mit dem Gebrauch von Armen und Händen, mit dem Einsatz der Stimme und mit der Benutzung von Werkzeugen und Instrumenten aller Art." (ebenda)


Bei seinen Untersuchungen hatte F. M. Alexaander feststellen müssen, "dass unsere sinnlichen Wahrnehmungen, die das Material für unsere Selbstbeurteilung liefern, stark beeinträchtigt sind", und dass wir aufgrund dieser Beeinträchtigung "gewohnheitsmäßig einen falschen Gebrauch entwickelt haben", mit "unnötigen Spannungen und unnötiger Energievergeudung". Und dieser falsche Gebrauch macht sich bei allen unseren Aktivitäten des täglichen Lebens so bemerkbar, dass der menschliche Organismus mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen wird und mit der Zeit mit Krankheit und Gebrechen reagiert.


Unabhängig voneinander haben Prof. R. Magnus und F. M. Alexander die zwingende Existenz einer Zentralen Kontrolle in einem Organismus nachgewiesen. F. M. Alexander hat über die bewusste Steuerung dieser Zentralen Kontrolle, die er Primärkontrolle genannt hatte, die Möglichkeit geschaffen, mit den Mitteln seiner Technik einen falschen Gebrauch in einen guten Gebrauch zu verwandeln, der das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken ungestört lässt.


Dass es unbedingt nötig ist, einen schlechten Gebrauch in einen guten verwandeln zu können, zeigt sich nicht zuletzt am Zustand unserer Welt heute. "Im gegenwärtigen Zustand der Welt wird es zu einer Gewissheit, dass es eine äußerst gefährliche Angelegenheit ist, die Kontrolle über die physikalischen Energien - Elektrizität, Wärme, Licht usw. - erlangt zu haben, ohne vorher sichergestellt zu haben, dass wir auch eine Kontrolle über unseren Selbstgebrauch haben. Ohne eine solche Kontrolle verwenden wir die anderen Dinge blind. Auf diese Weise können sie tatsächlich zu allem Möglichen führen." (ebenda)


Es wird wahrlich höchste Zeit, Marie, dass wir anfangen, nicht länger "blind" für die Auswirkungen unserer Handelns auf uns selbst zu sein und auf das, was wir mit unserem Handeln in der gesamten Umwelt anrichten.


Bis bald

Dein Großvater


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