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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Sport


Liebe Marie,

bei WIKIPEDIA ist nachzulesen, dass Sport eine Verkürzung des englischen Wortes "disport", sich vergnügen, ist. Im 20. Jahrhundert startete der Begriff "Sport" von England aus seinen Siegeszug durch die gesamte Welt und wurde zu einem weltweit gebrauchten Begriff, der allerdings schwierig abzugrenzen sei: Nicht alles, was Vergnügen bereitet, kann unter dem Dach des Sports unterkommen; und nicht alles, was Sport ist, muss unbedingt ein Vergnügen sein. Heute werde der sportlichen Betätigung eine Schlüsselrolle für die Gesundheit zugeschrieben, was aber 55 % der Bevölkerung nicht davon abhalte, überhaupt keinen Sport zu treiben.


Auch SWR WISSEN hat dem Sport jetzt ein Feature gewidmet. Darin wird die Suchtgefahr beleuchtet, die mit dem Sport verbunden ist. Exzessives Sporttreiben könne krank machen, heißt es dort, bis hin zur Sportsucht, wenn der Sport zum absoluten Lebensmittelpunkt und alles andere ihm untergeordnet wird. Wenn die Glückshormone ausbleiben, von denen man abhängig geworden ist, äußere sich diese Sucht, nicht anders als bei stoffbezogenen Süchten, mit den bekannten Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit, Aggressivität oder Angstzuständen.


Der Bericht unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Sportsucht. Primär ist die Sportsucht, wenn Sport als Ersatz für erlittenes Leid eingesetzt wird oder weil man perfekt sein will. Unter diesem Aspekt hätten Triathlon oder Marathon großes Suchtpotenzial. Die sekundäre Sportsucht gehe oftmals mit einer Essstörung einher. Es gehe gar nicht so sehr um die sportliche Betätigung, sondern darum, einem Idealgewicht zu genügen, das weitgehend von den Social Media bestimmt werde.


Sportsucht ist aber wohl eher nur ein Randproblem. Nichtsdesotrotz ist die Aussage, Sport könne krank machen, nicht von der Hand zu weisen. Davon zeugen allein schon die doch zahlreichen Operationen, bei denen Knie- und Hüftgelenke durch künstliche ersetzt werden. Diese Operationen sind inzwischen zu einer Routine geworden und stellen jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar, die ein schlechter Gebrauch nicht nur beim Sporttreiben, sondern bei allen Tätigkeiten des Lebens haben kann. Ein solcher schlechter allgemeiner Gebrauch, bei dem das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken beständig und mehr oder weniger empfindlich gestört ist, zeichnet tatsächlich für alle nur denkbaren Einschränkungen, Gebrechen und Krankheiten verantworttlich. Entscheidend ist also nicht, dass man sich sportlich betätigt, sondern wie man den jeweiligen Sport betreibt - wie sich der Einzelne gebraucht, wenn er joggt, wenn er Badminton, Tennis oder Tischtennis spielt oder wenn er im Fitnessstudio an den Geräten arbeitet.


Wenn man schließlich erkannt hat, wie man sich bei seinen Tätigkeiten gebraucht, und auch bereit ist, aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen, oder darauf hingewiesen worden ist und den Hinweis nicht einfach zu den Akten gelegt hat, ist schon ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zu einem neuen Gebrauch getan. Auf dem weiteren Weg ist die Alexandertechnik ein hilfreicher Begleiter: Der gewohnte vorherige Gebrauch ist zu hemmen; die Steuerungsbefehle zur Primärkontrolle des natürlichen Verhältnisses von Kopf, Hals und Rücken sind zu memorieren; der kinästhetische Sinn ist durch den Einsatz geschickter Hände eines Alexandertechnik-Lehrers zu entwickeln - mit diesem Sinn können wir wahrnehmen, wie die verschiedenen Körperteile in diesem Augenblick zueinander in Relation stehen und ob der Kopf ein- und zurückgezogen und so die Wirbelsäule gestaucht und der Rücken eng gemacht wird.


Mit diesen Bausteinen sind wir bestens ausgerüstet, um nicht wieder in die Falle unseres vorherigen schlechten Gebrauchs zu tappen, so dass "das Leben selbst zu unserem Übungsfeld" werden kann, wie es Michael McCallion in seinem "Buch der Stimme" (BoD, August 2022) ausdrückt - zu unserem ganz persönlichen Fitnessstudio also. Dann sind wir sogar auch gut vorbereitet, um an der Spielkonsole beim sogenannten E-Sport uns achtbar zu schlagen, ohne dass wir vor dem Bildschirm in uns zusammensinken, mit vielleicht hochgezogenen und verspannten Schultern, weil wir eben nicht mehr unsere Primärkontrolle des natürlichen Verhältnisses zwischen Kopf, Hals und Rücken stören - ganz gleich, was wir tun.


Seit Urzeiten ist der Mensch von morgens bis abends in Bewegung gewesen. Tatsächlich ist das Leben an sich schon gekennzeichnet durch Bewegung, äußere und innere Bewegung. Wenn die innere Bewegung in einem Organismus zum Erliegen kommt, erlischt das Leben in ihm. So ist es eigentlich nur schwer vorstellbar, dass ein Mensch süchtig nach Bewegung werden kann. Sie ist vielmehr ein Lebenselexie - wenn man sich sich dabei richtig gebraucht.


Bis bald

Dein Großvater



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