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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Sehstörungen als Denkanstoß


Liebe Marie,

in seinem Buch "Rechtes Sehen ohne Brille" erzählt der Augenarzt Dr. Bates die folgende kleine Anekdote: "Eines Tages kamen zwei kleine Mädchen in meine Sprechstunde. Die erste beschuldigte die zweite, in der Eisdiele gewesen zu sein und dort eine Portion Eis gegessen zu haben. Die zweite leugnete und die erste, die schon früher erfahren hatte, wie das Retinoskop kleine Lügnerinnen entlarvte, bat mich, es hier zu verwenden. Ich tat ihr den Gefallen, warf das Licht in das Auge der zweiten Kleinen und fragte: "Warst du bei Huylers?" "Ja", war die Antwort, Das Retinoskop zeigte kein Abnormität. "Hast du eine Portion Eis gegessen?" "Nein...",sagte das Kind, aber der denunzierende Schatten (...) bewies, dass sie in diesem Augenblick kurzsichtig war und nicht die Wahrheit sprach. Das Kind errötete, als ich ihm dies sagte, und bekannte seine Schuld." - So empfindlich sei das Zeugnis des Retinoskops, dass es die intimsten Beziehungen zwischen menschlichem Innenleben und äußerem Tun zu enthüllen vermag.


Lügen macht sich also als Brechungsfehler bemerkbar, wie Dr. Bates aufgedeckt hat. Wenn es sich als Gewohnheit manifestiert, setzt sich der Brechungsfehler fest, der sich ansonsten leicht wieder aufgelöst hätte. Der betroffene Mensch entwickelt eine Kurz- oder Weitsichtigkeit oder sonst eine Fehlsichtigkeit. Nur ist "die Ursache für undeutliches Sehen nicht im Auge selbst zu suchen (...) Die Sehstörung ist vielmehr als Denkanstoß zu werten, als natürlicher und nützlicher Hinweis von Seiten des Gehirns auf eine abzustellende primäre Ursache, die zumeist völlig außerhalb des Auges liegt. Das Gehirn bedient sich lediglich des optischen Systems als eines Signalpfads, wenn es die Sehstörung in das Sehfeld projiziert. Die Bewältigung der häufigsten primären Ursachen, wie Fragen der Lebensführung, schlechte Zeiteinteilung, Müdigkeit, falsche Reaktion auf äußere Störungen, wird durch die Brille allenfalls verhindert und verzögert."


"Wenn wir lernen, unser Gedanken- und Vorstellungsleben unter Kontrolle zu halten, können wir mühelos wieder normalsichtig werden. (...) Einerlei von wie langer Dauer das Leiden ist oder welchen Grad es erreicht hat, kann der Mensch erlöst werden, wenn man ihn oder wenn er sich selbst dazu bringen kann, seine Gedanken unter Kontrolle zu bekommen und zu halten." (ebenda) Nur wird dies uns schwerlich gelingen, wenn wir uns nur vornehmen, dieses oder jenes zu denken, wir müssen dabei vielmehr indirekt vorgehen. Die unterbewusste Steuerung und Kontrolle, die uns so in Fleisch und Blut übergegangen ist und die bis zum heutigen Tag die vorherrschende Steuerung in der Entwicklung der Menschheit gewesen ist, durch eine bewusste zu ersetzen, ist allein schon deshalb nicht so ohne Weiteres von jetzt auf gleich möglich. Mit der Alexandertechnik wird eine solche bewusste Steuerung und Kontrolle zunächst in einem eng umschriebenen Rahmen der Primärkontrolle des natürlichen Verhältnisses zwischen Kopf, Hals und Rücken eingerichtet. Bei der Reaktion auf einen beliebigen Reiz darf die unterbewusste Steuerung und Kontrolle gar nicht erst zum Zuge kommen. Damit dies nicht geschieht, ist jegliche Reaktion auf einen Reiz zu unterbinden - zu hemmen, wie es im Fachjargon der Alexandertechnik heißt. An die Stelle einer Reaktion treten zunächst die Steuerungsbefehle, mit denen die neue Ausrichtung des Kopf/Hals/Rücken-Verhältnisses beschrieben wird (Lass den Hals frei / Kopf nach vorne und oben / Wirbelsäule lang / Rücken weiten), und die neuen kinästhetischen Empfindungen im Zusammenhang mit diesem Verhältnis, vermittelt durch die geschickten Hände des Alexandertechnik-Lehrers.


Mit einem allgemeinen Gebrauch, bei dem das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken weitgehend ungestört bleibt, sind die besten Voraussetzungen geschaffen, dass alle Systeme, Mechanismen und Funktionen des menschlichen Organismus bald wieder auf hohem und höchstem Niveau arbeiten. Das Sehen bildet hier keine Ausnahme - wenn der Betroffene darauf verzichtet, auf eine Sehhilfe zurückzugreifen. Mit einer Brille belügt man sich selbst. Man gaukelt sich vor, wieder gut sehen zu können, muss aber im allgemeinen feststellen, dass die Augen mit der Zeit wieder schlechter und stärkere Gläser notwendig werden. Und damit nicht genug: Weil alle Sinne miteinander verwoben sind, werden mit der Zeit auch die anderen Sinne in Mitleidenschaft gezogen. So brauchen inzwischen immer mehr Menschen ein Hörgerät und feine Geschmacks- und Geruchsnuancen werden kaum mehr wahrgenommen: Zucker und Salz im Übermaß haben geschmacklich die Oberhand gewonnen.


Bis bald

Dein Großvater


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