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Im Brennglas der Alexandertechnik: Rationale Gewissheit


Liebe Marie,

in dem Roman "Elementarteichen" von Michel Houellebeqe hält der Wissenschaftlicher Desplechin folgenden Monolog: "Eine kleine Gruppe von Leuten - höchstens ein paar hundert Menschen auf dem ganzen Erdball (verrichten) mit verbissener Hartnäckigkeit eine sehr schwierige, sehr abstrakte, dem Nichteingeweihten völlig unverständliche Tätigkeit. Diese Menschen (....) gelangen weder zu Macht noch zu Reichtum und werden nicht einmal mir Ehren überhäuft (....). Und doch sind sie die wichtigste Macht der Welt, und zwar aus einem einfachen Grund, einem ganz einfachen Grund: Sie haben den Schlüssel zur rationalen Gewissheit in der Hand. Alles, was sie für wahr erklären, wird früher oder später von der gesamten Bevölkerung als wahr anerkannt. Keine wirtschaftliche, politische, soziale oder religiöse Macht ist in der Lage, sich der offenhundigen rationalen Gewissheit zu widersetzen."

F. M. Alexander hat diese rationale Gewissheit in Bezug auf die Primärkontrolle und seine Technik, die richtige Primärkontrolle herzustellen, erlangt, weil seine rationale Gewissheit auf eigenen Erfahrungen beruht. "Lange und geduldige Experimente, zunächst an sich selbst und dann an anderen hatten F. M. Alexander davon überzeugt, dass die Ursache, die den meisten körperlichen Fehlanpassungen zugrunde liegt, in einer falschen Haltung des Kopfes in seinem Verhältnis zur Wirbelsäule zu finden ist." Dies schreibt Aldous Huxley in "Die Konstante im Fluss des Lebens" (BooksonDemand, 2019), der Neuübersetzung ins Deutsche von F. M. Alexanders THE UNIVERSAL CONSTANT IN LIVING. Und in der Einleitung Prof. John Deweys von THE USE OF THE SELF heißt es dazu: "(Bei den Experimenten und Beobachtungen) wurde jede Störung sehr ernst genommen, überprüft und durch tiefergreifende Experimente korrigiert."

F. M. Alexander hat rationale Gewissheit in einem Bereich erlangt, der so wichtig für die weitere Entwicklung der Menschheit ist, wie kaum ein anderer. "Im gegenwärtigen Zustand der Welt wird es zu einer Gewissheit, dass es eine äußerst gefährliche Angelegenheit ist, die Kontrolle über die physikalischen Energien - Wärme, Licht, Elektrizität usw. - erlangt zu haben, ohne vorher sichergestellt zu haben, dass wir auch eine Kontrolle über unseren Selbstgebrauch haben. Ohne eine solche Kontrolle verwenden wir die Dinge blind und sie können auf diese Weise zu allem möglichen führen", so noch einmal Prof. John Dewey in seiner Einleitung zu THE USE OF THE SELF. Und vorher schreibt er: "Wir sehen uns einer Situation gegenüber, die sich als äußerst problematisch erweist. Von allen Seiten regen sich zunehmend Zweifel, ob die physikalische Beherrschung der physikalischen Energien tatsächlich zum Wohle des Menschen gereicht oder ob sein Glück dabei in die Brüche geht. (....) Um den Faktor, von dem der endgültige Einsatz aller verfügbaren Energien abhängt, unter Kontrolle zu bringen, muss eine Technik entwickelt worden sein, die es jedem Einzelnen von uns ermöglicht, einen richtigen Gebrauch von sich selbst zu machen. Diese Technik hat F. M. Alexander entwickelt."

Und weiter schreibt Prof. John Dewey, dass es bestimmte elementare Gewohnheiten und Verhaltensweisen gebe, "die fundamental und von zentraler Bedeutung sind. Sie konditionieren jede, wirklich jede, unserer Handlungen, die wir ausführen, und auch jeden Gebrauch, den wir von uns selbst machen. (...........) Die Entdeckung einer Zentralkontrolle, die alle Reaktionen konditioniert, bringt den kondtionierenden Faktor unter eine bewusste Steuerung und macht es dem Einzelnen durch seine eigenen koordinierten Aktivitäten möglich, seine eigenen Anlagen und Fähigkeiten in Besitz zu nehmen. Sie wandelt den bedingten Reflex um: Von einem Prinzip externer Versklavung wird er zu einem Instrument lebendiger Freiheit."

Und der Alexanderlehrer spricht auch die rationale Gewissheit an, wenn er seinen Schülern klar macht, dass es unnötig ist, darüber nachzudenken, ob sie das, was sie wollen, auch wirklich in die Tat umsetzen oder ob sie alles richtig und gut machen. In "Bewusste Kontrolle beim Auf- und Umbau des Menschen" (BooksonDemand, 2018), der deutschen Neuübersetzung von CONSTRUCTIVE CONSCIOUS CONTROL OF THE INDIVIDUAL schreibt F. M. Alexander dazu: "Der Lehrer erklärt seinem Schüler, dass er sich nicht darum kümmern darf, was die jeweilige 'Zielsetzung' ist. Er solle sich stattdessen nach und nach die neuen Steuerungsbefehle oder Anweisungen einprägen. Diese Steuerungsbefehle sind nämlich die Vorbereiter für die Mittel-und-Wege, mit denen das jeweilige 'Ziel' eines Tages erreicht werden wird. Nicht heute oder morgen und auch nicht übermorgen, aber der Tag wird kommen! Dann wird der Schüler in der Lage sein, die jeweilige Handlung eigenständig zu wiederholen, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit, unter allen Umständen und mit der Präzision eines Uhrwerks."

Auch 65 Jahre nach F. M. Alexanders Tod bestimmen noch Zeit und Ziel weitgehend das Handeln des Einzelnen und der Gesellschaft und nicht die Mittel-und-Wege. Wir lassen uns weiterhin mehr von unseren Gefühlen leiten, obwohl nicht zu übersehen ist, dass wir ihnen nicht über den Weg trauen können, und wir setzen viel zu wenig auf unseren Verstand. Wir tun uns weiterhin schwer damit, NEIN zu sagen, um dann bewusst reagieren zu können. Wir sind wirklich gut darin, "die Kinder wieder aus dem Brunnen zu holen", können aber nicht verhindern, dass sie hineinfallen. Die Medizin leistet z. B.Überragendes, wenn es darum geht, die Symptome von Krankheit zu bekämpfen und zu beseitigen. Sie verschließt sich aber vor der Erkenntnis, dass es die EINE Ursache für alle Krankungsbilder gibt: Das schädliche Eingreifen in die Primärkontrolle. So begibt sich der Einzelne lieber in die Obhut der Medizin, als dass er VORHER dafür Sorge trägt, dass er gesund ist und bleibt.

Noch ist also die Erkenntnis, wonach das primäre Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken jede Handlung des Menschen zum Guten oder zum Schlechten beeinflusst, und dass der Einzelne zu seinem eigenen Wohle und zum Wohle der Gesellschaft lernen kann, seinen Gebrauch so zu steuern und zu kontrollieren, dass die Primärkontrolle dieses Verhältnisses nicht gestört wird, nicht auf breiter Front in der Gesellschaft angekommen, obwohl sie von der rationalen Gewissheit F. M. Alexanders getragen wird. Aber früher oder später wird sie von der gesamten Bevölkerung als wahr anerkannt worden sein, "weil keine wirtschaftliche, politische, soziale oder religiöse Macht in der Lage ist, sich der offenhundigen rationalen Gewissheit zu widersetzen."

Bis bald

Dein Großvater

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