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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECNIK: Der Gebrauch von Händen und Armen


Liebe Marie,

in Frank R. Wilsons Sachbuch Science "Die Hand - Geniestreich der Evolution" beschreibt ein Juwelier, was für das Goldschmiedehandwerk wichtig ist: "Im Kunststudium hatte man uns (schon) beigebracht, mit den großen Armmuskeln zu zeichnen. Selbst für winzige Details nahmen wir nicht die Finger." Bei seiner Ausbildung zum Goldschmied hatte er dann herausgefunden, dass die eine Hand der Werkzeughalter und die andere der Manipulator ist: Das Werkzeug, mit dem das Werkstück bearbeitet werde, werde von der einen Hand gehalten und mache jedes Mal dasgleiche. Die andere drehe das Werkstück so an die richtige Stelle, dass die Manipulatorhand wieder und wieder das Werkzeug, das Hämmerchen oder die Feile, auf die gleiche Weise zum Einsatz kommen lässt. "Den Umgang mit den Werkzeugen, die Sie für die Schmuckherstellung brauchen, können Sie in zwei oder drei Monaten lernen. Aber Sie müssen geschärfte Sinne haben. Das Gehör brauchen Sie dafür und das Körpergefühl, das sich einstellt, wenn ein Werkzeug das Werkstück (auch nur) berührt."


Frank R. Wilson schreibt dazu: "Die Schultermuskeln richten das Schultergelenk noch vor Beginn der Bewegung aus, steuern in Zusammenarbeit mit Ellbogen und Unterarm die Bewegung des Oberarmbeins und führen die handlungsbereite Hand so zu ihrem Zielort. Die Muskeln, die das Schulterblatt bewegen, und diejenigen, die Vom Schulterblatt zum Oberarmbein und Ellbogen verlaufen, richten Schulter und Oberarm schon vor der Bewegung (der Hand) aus. Praktisch antizipieren und unterstützen die Schulterbewegungen immer die Handbewegungen, die nicht einsetzen können, bevor die Hand zum anvisierten Ziel bewegt oder 'transportiert' worden ist.." (ebenda)


"(...) Wenn wir unsere Aufmerksamkeit stärker auf die Rolle lenken, die die Schulter bei der Unterstützung der Handbewegungen an sich spielt, müssen wir uns klarmachen, dass es im Körper eine solche Teilung oder Trennung der Funktionen nicht gibt. Das muskulo-skeletale System arbeitet ganzheitlich und fließend. Tatsächlich sind Schulter- Arm- und Handfunktionen in neuromuskulörer und biomechanischer Hinsiicht vollkommen aufeinander abgestimmt. Die Bewegungs- und Informationsprozesse verlaufen gleichzeitig nach außen, also vom Körper zur Hand, und nach innen, von der Hand zum Körper." (ebenda)


Um gelingen zu lassen, was Frank Wilson in seinem Buch mit dem Balanceakt von drei Stöcken annnähernd gleicher Größe übereinander vergleicht - mit den drei Stöcken gemeint sind Schlüsselbein, Oberarmknochen und Elle und Speiche zusammen als dritter Einheit -, habe die Evolution die Gelenke geschaffen. Sie wirkten als "intelligente Kupplungen", die im voraus über die beabsichtigte Bewegung informiert" sind, die wissen, "wie sich jedes Segment während der Bewegung verhält", und die in der Lage sind, Abweichungen benachbarter Segmente während der Bewegung zu korrigieren."

(Abb. "Die besondere Drei-Stock-Verbindung der oberen Gliedmaßen des Menschen: Elle, Oberarmbein und Schlüsselbein auseinandergenommen und hinereinander gelegt" aus Frank Wilson "Die Hand".)


So gut sich dies in der Theorie erst einmal anhört, in der Praxis des täglichen Lebens unter den heutigen Zivilisationsbedingungen scheint doch einiges mit den 'Kupplungen' schiefzulaufen. Davon zeugen die vielen künstlichen Knie- und Hüftgelenke, die Sehnenscheidenentzündungen, die zahlreichen Bandscheibenvorfälle oder die zunehmende Zahl an Gelenkarthrosen. Auch Frank Wilson nimmt zu diesen Problemen Stellung: "Angestellte in der Dateneingabe, Sekretärinnen und andere Menschen (wie Kassierer- und Kassiererinnen), die lange an Tastaturen von Computerbildschirmen sitzen (oder die gekauften Waren einscannen), klagen vielfach über Schmerzen in Hand und Handgelenk." Die Diagnose laute dann vielfach 'Karpaltunnelsyndrom', obwohl die betroffenen Menschen "oft weit größere Probleme mit Schulter, Hals und Rücken als mit dem Handgelenk haben. Ein Grund ist, dass (...) die Schultermuskeln sich in einer ständigen leichten Kontraktion zu befinden scheinen", insbesondere unter Stress und Bedingungen, die ein hohes Maß an Konzentration verlangten."Das ist für diese Muskeln kein normaler Zustand. Auch wenn die eingesetzte Muskelkraft gering sein mag, reicht die Kontraktion allein aus, um Schulter- und Nackenschmerzen hervorzurufen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind die Folgen taube Arme und Hände und sogar Kopfschmerzen."


Die Natur hat offensichtlich die Rechnung ohne den Menschen unter Zivilisationsbedingungen gemacht, der die Primärkontrolle, sozusagen das 'Getriebe', mit dem all die gelenkigen Verbindungen gesteuert und kontrolliert werden, inzwischen gewohnheitsmäßig unter falschen Vorzeichen benutzt. Anstatt das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken ungestört zu lassen, nimmt er generell keine Rücksicht darauf, weil er schnell an sein avisiertes Ziel gelangen will. Bevor noch die Gelenke für sein Tun eingestellt sind, hat er schon reagiert. Unter solchen Bedingungen ist es wahrlich kein Wunder, dass die Gelenke vermehrt 'verschleißen', wie die Medizin diesen Prozess gerne nennt, weil sie keine andere Begründung dafür findet oder finden will. Wenn sich aber mit Hilfe der Alexandertechnik die Gelenkkupplungen von Knie. Hüfte, Armen und Händen erst einmal mit der Primärkontrolle verbunden haben, ist jeglicher "Verschleiß" nahezu ausgeschlossen. F. M. Alexander hatte nämlich in seinem Vorwort zu seinem letzten Buch "Die Konstante im Fluss des Lebens" (BooksonDemand, 2019), der deutschen Neuübersetzung von THE UNIVERSAL CONSTANT IN LIVING festgestellt, "dass zwischen den Prozessen des Gebrauchs und dem Funktionsniveau eine enge Beziehung" besteht. Diese enge Beziehung war für ihn der Beweis, dass der Organismus tatsächlich als eine Einheit arbeitet. Bei weiteren Forschungen zu diesem Prinzip entdeckte er, dass es einen Kontrollmechanismus bei dieser Arbeitsweise des Organismus als Einheit gab, der je nachdem, ob er benutzt wurde oder nicht, die Funktionen allgemein zum Guten oder zum Schlechten beeinflusst. Und diesen Kontrollmechanismus hat er 'Primärkontrolle' genannt.


Nachtrag: George Mc Lean, so der Name des Goldschmieds, der das Schmuckhandwerk für sich erst im Alter von dreißig Jahren entdeckt hatte, hatte seine Fertigkeiten inzwischen so weit ausgebaut, dass er 1979 zum Dozenten an der einer bekannten Fachhochschule für des Goldschmiedehandwerk in San Francisco ernannt wurde. Ach ja, liebe Marie, fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: George Mc Lean hatte schon 30 Jahre vorher beim Arbeiten in einer kleinen Werkstatt an der Kreissäge die vier Finger der einen Hand verloren. Es war wahres Glück im Unglück, dass sein Daumen voll funktionsfähig erhalten blieb. So konnte er diese Hand als Werkzeughalter benutzen.


Über die Besonderheiten des Daumens werde ich Dir bestimmt bei einer der nächsten Gelegenheiten etwas erzählen.


Bis bald

DeinGroßvater


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