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Im Brennglas der Alexandertechnik: Kneipp-Kuren


Liebe Marie,

in der Westfälischen Rundschau vom 15. März 2021 findet sich auf der Seite 'Mittendrin' ein Artikel über das Kneippkuren: Sebastian Kneipp (1821 - 1897) war in frühen Jahren schon an Tuberkulose erkrankt, die zu dieser Zeit noch als unheilbar galt. Die Schwindsucht, wie diese Krankheit damals genannt wurde, erschöpfte ihn zusehends und machte ihm das Leben insgesamt sehr schwer. In einer Bibliothek entdeckte er dann ein Buch des Mediziners Johann Siegmund Hahn (1696 - 1773) "über die wunderbare Heilkraft des Wassers", das ihn dazu veranlasste, dreimal in der Woche bei Wind und Wetter in das kalte Wasser der Donau zu steigen und - war nach einigen Monaten völlig wiederhergestellt. Dies war die Geburtsstunde einer Therapie, die nach Sebastian Kneipp benannt worden ist.


Die Kneipp-Therapie basiert auf den fünf Säulen Wasser, Ernährung, Bewegung, strukturierte Lebensordnung und Wirksamkeit der Heilpfanzen. In diese Säulen sind seine Leitsätze eingemeißelt:

  • Wasser: "Gott, der Schöpfer aller Dinge, hat uns die halbe Apotheke im Wasser zubestimmt."

  • Ernährung: "Nicht zu salzig, nicht zu süß, nicht zu sauer, eher pflanzlich."

  • Heilpflanzen: "Unser Herrgott hat für jedes Leiden ein Kräutlein wachsen lassen."

  • Lebensordnung: "Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern."

  • Bewegung: "Untätigkeit schwächt, Übung stärkt, Überlastung schadet."

Eine ausgewogene Ernährung, Bewegung, ohne es allzu sehr zu übertreiben, eine disziplinierte, stressfreie Lebensführung und die Nutzung der Heilkräfte der Natur - für all dieses steht die Methode Sebastian Kneipps. Wer sich an diese Prinzipien hält, hat wohl gute Chancen, relativ heil durch sein Leben zu kommen. Und diese Chancen werden noch erheblich gesteigert, wenn diese fünf Säulen des Kneipp-Kurens nicht 'auf Sand gebaut' sind, sondern auf einem festen Sockel ruhen - auf dem Sockel eines Gebrauchs, der nicht das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken stört.


"Überlastung schadet", heißt es in den Maximen Sebastian Kneipps zum Bereich Bewegung. Ein Gebrauch aber, der das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken stört, stellt grundsätzlich eine Überlastung für einen Organismus dar, ganz gleich, womit wir uns gerade beschäftigen, welche Tätigkeiten oder Übungen wir gerade ausführen. Wenn man z. B. beim Wassertreten die Beine wie ein 'Storch im Salat' anhebt, kann sich schlechter Gebrauch darin zeigen, dass man dabei den Kopf ein- und zurückzieht, die Wirbelsäule verkürzt, den Rücken eng macht und ins Hohlkreuz geht. Ein solcher Gebrauch stellt sich den Wohltaten des Wassertretens entgegen.


Genauso kommt es bei der Nahrungsaufnahme nicht nur darauf an, was man zu sich nimmt, sondern ganz entscheidend ist auch, wie man dies tut. Wie ist die Körperhaltung am Tisch? Sitzt man so, dass das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken nicht gestört wird? Oder ist man am Tisch in sich zuammengesunken und schaut beim Essen sogar auf ein Display? Werden Löffel und Gabel zum Mund geführt oder geht der Mund jeweils zu ihnen hinunter? Wird etwa mit jedem Kauen der Kopf vor- und eingezogen? Wird überhaupt gekaut oder werden die Speisen heruntergeschlungen, was von vornherein mit einer Kontraktion des Halses verbunden ist?


Und wie soll jemand, der daran gewöhnt ist, zu salzige, zu sehr gesüßte, zu fettige Nahrung, wie man heute wohl hinzufügen müsste, zu sich zu nehmen, es lernen, von diesen stark die Gesundheit schädigenden Unarten zu lassen? Wie soll jemand, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, auf jeden Reiz sofort impulsiv zu reagieren und sich so ungeheurem Stress aussetzt, davon abgehalten werden, dies in einer Gesellschaft weiterhin zu tun, deren Markenzeichen geradezu Reizüberflutung ist? Für einen solchen Menschen kann selbst das Kneipp-Kuren zu einem Stressfaktor werden. Und auch die Kräuter können ihre Wirkung wohl nicht voll entfalten, wenn dem Organismus aufgrund der beständigen Reizüberflutung nicht die Gelegenheit gegeben wird, zur Ruhe zu kommen.


Die Hemmung der sofortigen Reaktion auf einen beliebigen Reiz ist neben der Wiederherstellung einer zuverlässigen sinnlichen Wahrnehmung, der Primärkontolle und dem Aufbau eines zufriedenstellenden allgemeinen Gebrauchs, bei dem nicht in das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken eingegriffen wird, ein Eckpfeiler der Alexandertechnik. Wenn der Einzelne seine sofortige Reaktion hemmt, erhält er Gelegenheit, sich Gedanken über die Mittel-und-Wege zu machen, die er als nächstes zum Einsatz bringen will. Er erhält die Gelegenheit zum Nein-sagen - nein zu sagen zu seinem Verlangen, den Kopf ein- und zurückzuziehen; nein dazu, beim Essen auf das Handydisplay zu starren, in den Zuckerriegel zu beißen oder die zu fettige, zu sehr gesalzene und gleichzeitig gesüßte Fertigpizza in den Ofen zu schieben.


Mit dem Nein-sagen ist der erste wesentliche Schritt getan, um die alten schädlichen Gewohnheiten durch neue, bessere Gewohnheiten zu ersetzen, um sich aus Gewohnheit z. B. ausgewogen zu ernähren, mit Bewegung den Tag zu gestalten, die Heilkräfte der Natur zu nutzen oder dem übermäßigen Stress möglichst aus dem Wege gehen.


Bis bald

Dein Großvater


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