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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Die Kiefergelenke



Liebe Marie,

jetzt ist schon wieder 'was passiert. Pass auf. Charlene, die Fürstin von Monaco, hatte sich in Südafrika eines kieferchirurgischen Eingriffs unterzogen, bei dem sie unter Vollnarkose vier Stunden lang operiert worden ist. Jetzt ist sie wieder ins Krankenhaus eingeliefert worden, weil doch erhebliche Probleme aufgetreten sind. Sie kann den Ohrendruck beim Fliegen in großer Höhe nicht mehr ausgleichen. "Na und, wo ist das Problem," wirst du jetzt sagen. Pass auf: Jetzt kann die Charlene naürlich erst einmal nicht nach Hause zurückfliegen und die Leute zerreißen sich schon das Maul. "In der Ehe des Fürstenpaares kriselt es", sagen die Leute. "Eine Trennung des Paares steht kurz bevor", sagen die Leute. Das lässt die Leute doch nicht kalt, wenn die Fürstin einfach nicht zurück zu ihren Kindern kehrt, zumal der Fürst, der zwanzig Jahre älter als die Charlene ist, ja nun auch in die Jahre gekommen ist. Da haben die Leute schon etwas zu spekulieren. Ja, was glaubst du denn. Musste Sie sich denn unbedingt in Südafrika einer solchen Operation unterziehen? Gab es denn keine anderen Möglichkeiten, um mit ihren Kieferproblemen fertig zu werden? - So oder ähnlich hätte vielleicht Wolf Haas, der Autor der Privatdetektiv-Brenner-Romane die zahlreichen Artikel der letzten Tage und Wochen aus der Westfälischen Rundschau in seinem Stil verarbeitet.


Die Frage, ob es denn keine anderen Möglichkeiten gibt, um mit Kieferproblemen fertig zu werden, ist zwar für die Boulevardpresse nicht unbedingt ein großes Thema, sie stellt sich aber ganz grundsätzlich. Und mit ihr stellt sich die Frage, wie es überhaupt zu Kieferproblemen kommen kann. F. M. Alexander schreibt dazu in "Ein Vermächtnis der Evolution an die Menschheit von unschätzbarem Wert (BooksonDemand, 2018), der Erstübersetzung ins Deutsche von MAN'S SUPREME INHERITANCE: "So gibt es nur wenige Menschen, die nicht den Kopf zurückwerfen, wenn sie aufgefordert werden, ihren Mund zu öffnen. Sie haben sehr oft die Vorstellung, dass dazu der Oberkiefer vom Unterkiefer weggehoben werden müsse. Sie bedenken nicht und ziehen nicht in Betracht, dass es genügt, die unterbewussten Befehle zu hemmen, die die Mechanismen veranlassen, den Mund verschlossen zu halten. Eine solche Hemmung führt dann zu einer Verringerung der Muskelspannung, die den Unterkiefer einfach herunterfallen lässt. So ist es normalerweise bei den Schwachsinnigen, die die meiste Zeit mit geöffnetem Mund dastehen, in der Tat ein bloßes Fallenlassen. (.......) Wenn ich nun einen Schüler bitte, für ihn seinen Unterkiefer vom Oberkiefer fortbewegen zu dürfen, vergrößert er normalerweise noch instinktiv die Spannung, die den Unterkiefer dort belässt, wo er ist. Solche beständigen und irrationalen Spannungen sind verbunden mit einer enormen Energievergeudung."


"Aber richtig schädlich wird die Sache erst bei derartigen Tätigkeiten wie Singen oder Sprechen. Wenn wir nämlich den Mund mit einem solch unbewussten und absurden Kraftaufwand öffnen, wird der Hals übermäßig versteift, der Kopf wird zurückgeworfen, der Kehlkopf wird übermäßig und auf eine sehr schädliche Weise heruntergedrückt und gelangt so in eine Position, die für eine gute Stimmbildung äußerst ungünstig ist. Schon seit Jahren weise ich darauf hin und demonstriere es auch in der Praxis, dass aus diesen wenig beachteten Spannungen verschiedenste Formen von Hals- und Ohrproblemen entstehen können, die heutzutage so allgegenwärtig sind und die sich oft einer allgemeinen und auch einer speziellen Behandlung widersetzen. Wenn aber die richtige Vorstellung im Schüler darüber entwickelt wird, was die richtige Methode für das Öffnen des Mundes ist, können bei dem Patienten derartig freie Verhältnisse geschaffen werden, in denen der Kehlkopf aus Prinzip tendenziell leicht gehoben und entspannt und nicht versteift und heruntergedrückt wird. Und noch wichtiger ist, dass meine Methode den Schüler lehrt, diese Verhältnisse selbständig herbeizuführen. Außerdem wird mit Sicherheit eine viel größere Beweglichkeit der Gesichtsmuskeln, der Lippen- und Zungenmuskulatur - und eben der Kiefergelenke - die Folge sein. Eine solche Beweglichkeit ist in der Tat für einen guten und klaren Ausdruck ganz entscheidend. Und all dies geschieht mit minimalem Kraftaufwand."


Ganz gleich, welcher Art die Kieferprobleme von Fürstin Charlene im Detail gewesen sind, die mit einem chirurgischen Eingriff beseitigt werden sollten, der dann zu erneuten schweren Problemen geführt hat, mit der Methode, von der F. M. Alexander spricht, hätte ein anderer sehr viel effektiverer Weg zur Verfügung gestanden. Mit der sogenannten Alexandertechnik wird ein Mensch so geschult, dass er mit seinem allgemeinen Gebrauch nicht das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken stört. Bei dieser Technik kommt auch ein Verfahren zum Einsatz, mit dem der Schüler lernen kann, den Mund ohne "einen solch unbewussten und absurden Kraftaufwand zu öffnen": 'Das geflüsterte Ah'. Der Vokallaut „Ah“ sei bestens dafür geeignet weil diese Form des Vokalgebrauchs im täglichen Leben so wenig verwendet werde. So seien auch die schlechten geistig-körperlichen Gewohnheiten, die mit der Stimmbildung allgemein verknüpft sind, sehr selten.


Eine formale Beschreibung der Verfahrensweise beim 'Geflüsterten Ah' finden wir bei Michael McCallion in seinem Voice Book. Der Autor, einer der führenden Stimmlehrer der heutigen Welt, ist tatsächlich auch bestens mit dem System F. M. Alexanders vertraut. Er nennt fünf Vorbereitungsstufen und drei Stufen der eigentlichen Ausführung des 'Geflüsterten Ahs'.

1. Primärkontrolle: Lasse den Hals frei / Kopf nach vorne und oben / Wirbelsäule längen / Rücken weiten. Und die Zunge ruht leicht und gelöst hinter der unteren Zahnreihe.

2. Löse die Kiefergelenke und

3. lasse den Unterkiefer soweit nach vorne gleiten, dass die beiden Zahnreihen übereinander stehen. Übe keinen Zwang aus! Die Zunge geht die Bewegung des Unterkiefers passiv mit.

4. Lächle! Ein richtiges Lächeln!

5. Öffne jetzt das Kiefergelenk! Die Zunge verbleibt gelöst hinter den Vorderzähnen. Halte das Lächeln bei! Atme bis dahin weiter gleichmäßig, dann geht es so weiter:

Stufe 1. Auf der Ausatmung „flüstere im Geiste den Vokal Ah“! Im Geiste bedeutet, dass dies vollkommen stimmlos geschieht. Nichts soll erzwungen werden. Es kommt wirklich nicht darauf an, dass man so lange wie möglich ausatmet. Und achte vor allem auf deine Primärkontrolle!

Stufe 2. Mit der Einatmung schließe den Mund, ohne den Unterkiefer zurückzuziehen! Achte auf deine Primärkontrolle!

Stufe 3. Wiederhole den Vorgang!


Die Fürstin von Monaco wiederholt jetzt leider nicht das Verfahren des 'Geflüsterten Ahs'. Sie muss sich vielmehr weiterhin zur Behandlung in Südafrika aufhalten, weil sich nach der Operation die Kiefergelenke entzündet haben, wie es in einer aktuellen Pressemitteilung heißt.


Einige der Romane von Wolf Haas sind auch verfilmt worden. Auch sie beginnen oftmals mit einem "Jetzt ist wieder was passiert." Und es wird auch immer wieder etwas passieren. Aber ganz gleich, was passieren wird, mit der Alexandertechnik, liebe Marie, bist du gut vorbereitet, um mit all den Unwägbarkeiten des Lebens fertig zu werden. Ja, was glaubst du denn?


Bis bald

Dein Großvater




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