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IM BRENNGLAS DER ALEXANDERTECHNIK: Das Gesetz der funktionellen Anpassung


Liebe Marie,

schon im 19. Jahrhundert haben sich Lamarck und Darwin zum Prinzip und zu den Auswirkungen des Gebrauchs und des Nichtgebrauchs geäußert. Dr. Wilhelm Roux hat dann, auf diesen Erkenntnissen aufbauend, die beiden Gesetze der funktionellen Anpassung formuliert und belegt:

  • Durch verstärkte Tätigkeit wird die spezifische Leistungsfähigkeit der Organe erhöht. (Physiologisches Gesetz der funktionellen Anpassung)

  • Bei verstärkter Tätigkeit vergrößert sich jedes Organ bloß in derjenigen Dimension oder denjenigen Dimensionen, welche die Verstärkung der Tätigkeit leisten. (Morphologisches Gesetz der funktionellen Anpassung)

Weil, "wie jeder weiß, niemals dasselbe Geschehen unverändert längere Zeit fortbeteht, nie in vollkommen gleicher Weise wiederkehrt, alles in einem fortwährenden Wandel begriffen ist", ist der "Kampf der Teile im Organismus" vorprogrammiert, wie der Titel des Buches Wilhelm Roux' lautet, aus dem ich hier zitiere: "Nichts steht isoliert in der Welt da, am wenigsten aber im Organismus, der fortwährend von der Außenwelt Stoffe aufnehmen und umsetzen muss. Je komplizierter das Geschehen, umso schwieriger die Konstanterhaltung. Gleichen sich schon nie zwei Kristalle in allen Eigenschaften vollkommen einander, um wie viel weniger zwei Organismen." Zudem sind die einzelnen Teile im Organismus untereinander niemals vollkommen identisch. Es gibt immer eine Zelle, die stärker ist als ihre Nachbarzelle, und diese Zelle ist es dann, die die absterbende Nachbarzelle ersetzt: Darwins Gesetz des Stärkeren.


Und dieser "Kampf der Teile im Organismus" ist nicht nur ein Kampf um die über das Blut zugeführte Nahrung, es ist vor allem auch ein Kampf um den begrenzten Raum innerhalb eines Organismus. Er muss um "ein Vielfaches heftiger innerhalb des Organismus sein, wo alles zu einer räumlichen Einheit verbunden aneinander liegt und sich drängt, als bei den freien Individuen selber, als beim Kampf der Personen untereinander." Eine Vergrößerung des einen Organs könne "zumeist nur auf Kosten des anderen Organs geschehen, sofern das letztere nicht die Kraft besitzt, dem Wachstumsdruck des anderen zu widerstehen." So sei "die Lunge in ihrer Gestalt abhängig von der Brustwand, dem Herzen und von der Gestalt der Zwerchfellkuppel; die Nebenniere ist abhängig von der Niere, die Milz von Magen und Darm und das Grosshirn plattet die Hemisphären des Kleinhirns ab."


Es ist das Verdienst F. M. Alexanders, herausgefunden zu haben, dass und wie dieser Kampf bei aller Rivalität der Teile untereinander und bei aller Begrenztheit der Energiezufuhr und des Raumes im Inneren des Organismus trotzdem harmonisch verlaufen kann. Er verläuft solange harmonisch und relativ verlustfrei, wie bei den verschiedenen Aktivitäten des Menschen das natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken ungestört bleibt. Umgekehrt können die Verluste durchaus enorm sein, wenn dieses Verhältnis massiv gestört wird, weil beständig der Kopf ein- und zurückgezogen, die Wirbelsäule gestaucht und der Rücken eng gemacht werden. Diese "Verluste" zeigen sich dann mit der Zeit als geistige und körperliche Beeinträchtigungen, Krankheit und Gebrechen und können durchaus zum Tode führen, wenn z. B. ganze Zellverbände sich wuchernd vermehren und dabei anderen Zellverbänden sozusagen "die Luft zum Atmen" nehmen - sie von der Blutzufuhr abschneiden, so dass sie sich nicht mehr ernähren können.


Die Entdeckung dieser Primärkontrolle allein wäre relativ wertlos geblieben, hätte F. M. Alexander gleichzeitig nicht auch eine Methode entwickelt, mit der das Eingreifen in dieses natürliche Verhältnis zwischen Kopf, Hals und Rücken unterbunden werden kann: Die Alexandertechnik, so benannt nach ihrem Entdecker. In einem drei- bis sechsmonatigem Kurs wird der Schüler mit den Prinzipien dieser Technik vertraut gemacht. Seine kinästhetische Wahrnehmung wird aktiviert und mit seinen erworbenen Erfahrungen kann und soll er all das, was er gelernt hat, mehr und mehr in sein Leben integrieren. Den Weg bewusster Steuerung und Kontrolle hat jeder Mensch für sich alleine zu gehen, auf dem er immer noch weitere Bereiche unter seine bewusste Steuerung und Kontrolle bringt - ein niemals enden wollender Prozess ist in Gang gesetzt, den eine Auffrischung der Prinzipien der Alexandertechnik von Zeit zu Zeit neu befeuern kann.


Bis bald

Dein Großvater




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