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Im Brennglas der Alexandertechnik: Kreislaufprobleme


Liebe Marie,

Probleme mit dem Kreislauf kenne wohl jeder: Besonders bei Temperaturschwankungen oder nach üppigen Mahlzeiten könne der Kreislauf ins Schwanken kommen. Aber vielen werde auch kurzzeitig schwarz vor Augen, wenn sie die Position wechseln, also etwa schnell aufstehen oder sich bücken. Die Beschwerden entstünden immer dann, wenn die Blutversorgung des Gehirns kurzzeitig stark sinke. Normalerweise passten Herz und Blutgefäße ihre Leistung dem jeweiligen Bedarf des Körpers augenblicklich an. Wenn das Gehirn nur verzögert mit Blut versorgt werde, seien oftmals ungesunde Gewohnheiten wie mangelnde Bewegung dafür verantwortlich, heißt es in einem Artikel der Westfälischen Rundschau vom 13. April 2019.

Neben körperlicher Betätigung, die die beste Hilfe sei, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, gibt es noch weitere Empfehlungen: Sauna oder Kneippbäder bringen das Herz-Kreislauf-System auf Trab, Wechselduschen und Bürstenmassage regten zusätzlich den Stoffwechsel an, Pfefferminztee sei als ein altes Heilkraut gegen Kreislaufschwäche bekannt, Wasser trinken stabilisiere den Blutdruck und Kältereize verengten die Blutgefäße, was automatisch zu einem Anstieg des Blutdrucks führe.

Die hier aufgezählten Maßnahmen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, entfalten ihre Wirkung kurzfristig und akut. Aus Sicht der Alexandertechnik sind jedoch die Fragen zu klären, was zu den Kreislaufproblemen geführt hat und wie der Kreislauf auf eine Basis gestellt werden kann, die nachhaltig verhindert, dass die Blut- und damit die Sauerstoffversorgung des Gehirns gefährdet ist. "Nun spielen die Lungen ja eine wesentliche Rolle bei der Verteilung des Blutes", wie F. M. Alexander in: Bewusste Kontrolle beim Auf- und Umbau des Menschen (BoD, 2018), der deutschen Übersetzung von CONSTRUCTIVE CONSCIOUS CONTROL OF THE INDIVIDUAL schreibt. "Die Lungen sind ein sehr bemerkenswerter Teil unserer Anatomie", die mit dafür sorgen, dass dem Organismus zum einen der lebensnotwendige Sauerstoff bereitgestellt wird und zum anderen das giftige Kohlendioxid aus dem Organismus entfernt wird. Der dazu gehörige Prozess ist die Atmung, die im Normalfall, der aber heute leider zu einer Ausnahme geworden ist, so genial funktioniert, wie es F. M. Alexander in: Bewusste Kontrolle beim Auf-und Umbau..... beschreibt: " Die Zunahme der inneren Brustkorbkapazität vermindert den Druck auf die Außenwände der Lungensäcke und führt augenblicklich zu einem partiellen Vakuum in den Lungen und dieses Vakuum wird genauso prompt mit Luft gefüllt. (...) Die wunderbare Effizienz dieser Atemmaschine zeigt sich, sofern sie richtig funktioniert, wenn wir uns das Folgende vor Augen führen: Wir müssen nur weiterhin dieselben Mittel einsetzen, mit denen eine Expansion des Brustkorbs in die Wege geleitet wird, um eine Kontraktion zu ermöglichen. Bei diesem Prozess der Kontraktion üben die Wände des Brustkorbs zunehmenden Druck auf die Lungen aus, so dass der Luftdruck im Inneren letztlich überwunden und die Luft infolgedessen ausgestoßen wird."

Anders sieht die Sache allerdings aus, wenn die Luft nicht einströmt, sondern eingesogen wird. Dann ist es nötig, die Atmung mit den dazugehörigen schlechten körperlichen Verhältnissen umzustellen. "Von der ersten Unterrichtsstunde an wirkt der Umstellungsprozess der Atmung so, dass das Blut mehr oder weniger aus der Region der Eingeweide abgezogen und zu den Lungen umgeleitet wird. Von dort wird es dann gleichmäßig auf die anderen Körperteile verteilt." Dies ist nachzulesen in: Ein Vermächtnis der Evolution an die Menschheit von unschätzbarem Wert (BoD, 2018), der Erstübersetzung ins Deutsche von F. M. Alexanders MAN'S SUPREME INHERITANCE. Mit der Umstellung der Atmung ist dann gewährleistet, dass auch das Gehirn ausreichend mit Blut und damit Sauerstoff versorgt wird. Die kleinen Schwindelanfälle, das Gefühl von Schwäche und das Schwarz-vor-Augen-werden, von denen in dem Zeitungsartikel die Rede war, werden dann in der Tat der Vergangenheit angehören.

Ich komme noch einmal auf das zurück, was für einen vollen Atemzug nötig ist: "Der Mensch muss in der Lage sein, die geistig-körperlichen Mechanismen, die eine zufriedenstellende Kontraktion und Expansion der Wände des Brustkorbs ermöglichen, so zu steuern, dass sie an ihrem Maximum funktionieren." Nur gebe es dabei das Problem, dass die daran beteilgten Mechanismen sehr oft fehlerhaft gebraucht werden. Und es sei dieser fehlerhafte Gebrauch, der korrigiert werden müsse, wie F. M. Alexander in: Bewusste Kontrolle beim Auf- und Umbau des Menschen schreibt. Von Seiten eines Schülers verlange dies, dass an erster Stelle der Einsatz der Hemmung stehen muss: Durch Hemmung könnten nämlich "die geistig-körperlichen Aktivitäten unterdrückt werden, die für den fehlerhaften Gebrauch verantwortlich sind". Und vom Lehrer verlange dies, dass er eine genaue Analyse der geistig-körperlichen Aktivitäten vornimmt, die zu dem fehlerhaften Gebrauch geführt haben; dass er ihm erklärt, "warum betimmte Neujustierungen notwendig sind und warum und an welchen Stellen es wichtig ist, seine Koordination zu verbessern"; dass er ihm "die Mittel-und-Wege vorstellt, auf denen die Neujustierungen und die verbesserte Koordination erreicht werden sollen". Der Schüler ist nämlich zu all dem wahrlich nicht in der Lage, weil er die Fehler mit seinen Sinnen gar nicht wahrnimmt.

Nach diesen Vorbereitungen kann sich der Lehrer dem Kern der Alexandertechnik zuwenden: der Primärkontrolle über das natürliche Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken. Wenn der Schüler die Kontrolle über dieses Verhältnis erst einmal erlangt hat, bestehe "wirklich keine Notwendigkeit mehr, auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, dass man einen Atemzug machen will." Und die Schwindelanfälle werden dann auch Geschichte sein.

In seinem letzten Buch "Die Konstante im Fluss des Lebens", der Neuübersetzung von THE UNIVERSAL CONSTANT IN LIVING, die im Aug./Sept. 2019 bei BooksonDemand erscheinen wird, macht F. M. Alexander fundamentale Aussagen zur Primärkontrolle. Aber darüber, liebe Marie, kannst Du vielleicht in einem der nächsten Blogbeiträge lesen.

Bis bald

Dein Großvater

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