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Im Brennglas der Alexandertechnik: Über das "Nicht-Tun"


Liebe Marie,

der Vorsitzende der Partei "Die Grünen", Robert Habeck, sagt in einem Interview, dass er aufgehört habe, im Amt Fleisch zu essen. Das sei aber kein Verzicht, sondern ein Nicht-Tun, wie es auch ein Nicht-tun sei, wenn er nicht länger auf Twitter und Facebook unterwegs sei.

F. M. Alexander verwendet auch in: Die Konstante im Fluss des Lebens, der neuen Übersetzung von THE UNIVERSAL CONSTANT IN LIVING ins Deutsche den Begriff "Non-doing". Non-doing, Nicht-Tun, sei der erste Schritt, wenn es darum gehe, einen Menschen zu rekonditionieren. Dieser Schritt sei entscheidend für die Herstellung fundamentaler Funktionsveränderungen. Und weiter schreibt er dort: "Ist es nicht seltsam? Die Theorie und Praxis des 'Nicht-Tuns' wird vergleichsweise leicht akzeptiert, wenn es darum geht, dem Selbst bei seinen nach außen gerichteten Aktivitäten zu helfen." (Dies, Marie, findest Du bestätigt, wenn Robert Hadeck es als Nicht-Tun bezeichnet, dass er im Amt kein Fleisch mehr essen wolle und dass er sich aus Facebook und bei Twitter ausgeklinkt habe.) "Sie wird aber nur schwer bei ähnlichen Versuchen in Verbindung mit Aktivitäten akzeptiert, die sich im Inneren des Selbst abspielen. Eine solche Hilfe beinhaltet eine Form des Nicht-Tuns, die nicht mit Passivität verwechselt werden darf. Sie ist vielmehr absolut grundlegend, weil so das Selbst daran gehindert wird, sich dadurch selbst Schaden zuzufügen, dass Energien fehlgeleitet werden und dass das Selbst unkontrolliert reagiert. Dabei kommt ein Akt der Hemmung ins Spiel, wenn wir z. B. als Reaktion auf einen beliebigen Stimulus unsere Zustimmung verweigern, die jeweilige Aktivität auszuführen. Mit einer solchen Verweigerung verhindern wir, dass wir genau das "tun", was wir eigentlich nicht mehr "tun" wollten. (.......) Eine solche Verhinderungstaktik in Form des Nicht-Tuns ist entscheidend, wenn eine schlechte Gewohnheit verändert und Kontrolle über die menschliche Reaktion erlangt werden sollen. Haben wir nicht alle schon die Erfahrung gemacht, dass es schwierig ist, sogar nur einfachste Gewohnheiten zu verändern?"

F. M. Alexander verwendet "NON-DOING", Nicht-Tun, wie ich es nach langer Überlegung übersetzt habe, auf einer abstrakten Ebene. Es ist ein abstraktes Konstrukt, um die Voraussetzung zu benennen, die eine Veränderung beim Gebrauch des menschlichen Organismus erst möglich macht. Das Instrument zur Umsetzung des Konzepts "NON-DOING" (Nicht-Tun) ist Hemmung: Um eine Veränderung des individuellen Gebrauchs überhaupt anstoßen zu können, muss der Einzelne den Impuls, auf einen Stimulus zu reagieren, augenblicklich hemmen; er muss verhindern, dass er darauf zunächst irgendeine Reaktion zeigt.

Bei jeder einzelnen Bewegung werden vom Gehirn aus die "Motorischen Einheiten", bestehend aus motorischer Vorderhandzelle im Rückenmark, Nervenfaser, motorischer Endplatte und Muskelfaserabschnitt aktiviert, die an der jeweiligen Bewegung beteiligt sind, und sehr oft auch solche, die nicht unmittelbar betroffen sind. (Man spricht dann von Mitbewegungen, die mehr oder weniger schädlich sind.) In der Passivität, wenn wir z. B. auf dem Sofa "abhängen", arbeitet dieses System sozusagen auf Sparflamme, ist auf das Nötigste heruntergefahren.

Im Zustand des "Nicht-Tuns" werden die Nerven z. B. durch den Befehl "Setz Dich hin!" für diese Bewegung zwar erregt, die Aktivierung der entsprechenden Muskeln wird jedoch durch einen Prozess verhindert, den F. M. Alexander Hemmung genannt hat. So kann verhindert werden, dass die Muskeln weiterhin auf die gewohnte schädliche Art und Weise gebraucht werden, und es kann der Weg für einen neuen und jetzt richtigen Gebrauch dadurch gebahnt werden, dass anstelle des Schülers der Alexanderlehrer mit seinen Händen die Bewegung ausführt. Durch eine solche Bewegungsführung erhält der Schüler gleichzeitig auch die richtigen kinästhetische Erfahrungen zu dieser Bewegung.

Die Verfahren der Alexandertechnik sind in der Tat bestens geeignet, "das Vertrauen des Schülers in seine Versuche '

etwas zu tun' aufzubauen" und sie bestärken ihn insbesondere auch darin, "Dinge nicht zu tun, von denen er weiß, dass er sie nicht tun sollte und die er eigentlich auch nicht tun will."

Bis bald

Dein Großvater

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