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Im Brennglas der Alexandertechnik: Das Schnarchen


Liebe Marie,

es gibt Dinge, die den Anstrich des Übersinnlichen haben. Oder ist es einfach nur Zufall, dass ich in dem Moment, da ich über das Schnarchen bloggen will, in John Irvings "Witwe für ein Jahr", dem Roman, den ich derzeit lese, diese an sich trivialen Sätze finde?

Ruth: "Warum flüsterst du?"

Hannah: "Ich möchte ihn lieber nicht aufwecken."

Ruth: Soll das heißen, dass du jetzt mit jemandem zusammen bist?"

Hannah: "Nicht direkt. Ich mußte in ein anderes Schlafzimmer umziehen, weil er so schnarcht. Ich hätte nie gedacht, dass er schnarcht."

(..............)

Hannah: "Ich muss jetzt Schluss machen. Ich glaube, ich höre ihn."

Ruth: "Du wirst mich in Sagaponack bei meinem Vater doch nicht hängenlassen, oder?"

Hannah "Ich werde dasein, verlass dich drauf."

"Schnarchen habe keinerlei Nutzen, weder früher noch heute." Im besten Fall sei es lästig, im schlimmsten stecke eine ernsthafte Erkrankung dahinter. Dies sagt Dr. M. Herzog, Chefarzt an der Klinik für HNO-Erkrankungen in Cottbus. Und Prof. Lindemann vom Uniklinikum Ulm erklärt, dass Schnarchen erst einmal nur ein Atemgeräusch beim Schlafen sei.

Wie kann man das Schnarchen aber mechanisch erklären? Dazu noch einmal Prof. Lindemann: "Wo und wann das Scharchen entsteht", das sei gar nicht so leicht zu bestimmen. Und Dr. Herzog weist darauf hin, dass jeder zum Schnarcher werden könne, dessen obere Atemwege verengt seien. Auf der Internet-Seite NetDoctor wird Scharchen so erklärt: "Im Schlaf lässt die Spannkraft der gesamten Muskulatur nach. Dabei erschlafft auch die Muskulatur der oberen Luftwege. Beim Atmen beginnen dann unter bestimmten Bedingungen das Gaumensegel und das Zäpfchen zu vibrieren." Durch diese Vibration entstehe das Schnarchgräusch. Und auf der Seite gesundheit.de ist zu lesen, dass Schnarchen durch eine Verengung der Atemwege verursacht werde. Grund für eine solche Verengung könnten, so diese Quelle, ein banaler Schnupfen, Fettablagerungen, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen, vergrößerte Mandeln, Polypen, ein verkürzter Unterkiefer oder ein insgesamt verengtes Gesichtsskelett sein.

In: Die Konstante im Fluss des Lebens, der deutschen Neuübersetzung von THE UNILVERSAL CONSTANT IN LIVING schreibt F. M. Alexander sinngemäß, dass niemand sagen können wird, ob das, was er über ein Thema denkt, wirklich den Tatsachen entspricht, bevor er nicht selbst wirklich die entsprechende Erfahrung gemacht hat. Das Schnarchen entzieht sich jedoch aus verständlichen Gründen weitgehend der eigenen Erfahrung, weil wir ja schlafen, wenn wir schnarchen. Nun ist der Schlaf aber das Reich des Unterbewusstseins. Die Basis der Alexandertechnik ist jedoch das Bewusstsein. Dies ist ein weiterer Grund, warum sich das Schnarchen einer genaueren Analyse durch sie entzieht.

Auf zwei Punkte will aber trotzdem hinweisen. Wenn sich das Schnarchen krankhaft verstärkt, so dass es im Schlaf zu Atemaussetzern kommt, wird von der Medizin u. a. ein Weste empfohlen, die das Schlafen auf dem Rücken verhindern soll. Nach dem, was die Alexandertechnik dazu sagt, ist es für das allgemeine Wohlbefinden des Menschen sehr wohl ratsam, auf dem Rücken zu schlafen. Die Begründung ist durchaus auch plausibel: In der Rückenlage verbleibt die Wirbelsäule in der Mitte des Körpers und wird durch die Schwerkraft nicht zu einer Seite verschoben, wie dies beim seitlichen Liegen der Fall ist. Die inneren Organe werden nicht seitlich aus ihrer angestammten Position verdrängt und können ihre Funktion weiterhin mehr oder weniger ungehindert erfüllen. Im Falle einer Lordose, die sich bei vielen Menschen ausgeprägt hat, wirkt die Schwerkraft ggf. so auf die Wirbelsäule, dass die Energien, die das Hohlkreuz hervorbringen, im Schlaf überwunden werden und die Lordose am Morgen tatsächlich weniger ausgeprägt ist. (Beim Schlafen in der Bauchlage wirkt die Schwerkraft eher so, dass sie die Lordose noch verstärkt.)

Wenn die Medizin das Schlafen in der Rückenlage verhindern will, verfolgt sie damit einen ganz bestimmten Zweck: Sie will so verhindern, dass die Zunge im Schlaf zurück in den Schlund fällt und dort die Luftzufuhr versperrt, beachtet dabei aber nicht, dass die jeweils eingesetzten Mittel

- Atemmaske, Bissschiene, Rückenlageverhinderungsweste oder Zungenschrittmacher - nicht unbedingt dem allgemeinen Wohlbefinden dienen.

Die Zunge ist auch in der Alexandertechnik ein großes Thema. Mit der Verfahrensweise des "Geflüsterten Ahs" lernt der Schüler sie so einzusetzen, dass sie nicht zurückgezogen wird, sondern hinter der unteren Zahnreihe ihre Ausgangsposition hat, zu der sie nach ihrem jeweiligen Einsatz immer wieder zurückgeführt wird. Und dieser richtige Zungeneinsatz ist in die richtige primäre Kontrolle von Kopf, Hals und Rücken, den richtigen Gebrauch des Unterkiefers, das richtige Öffnen des Mundes und in anderes mehr eingebettet.

Im Schlaf wird die bewusste Steuerung und Kontrolle ausgeschaltet und ersetzt durch die unterbewusste. Dies dient mir persönlich als Erklärung, warum ich trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit Alexandertechnik schnarche, wie man mir glaubhaft versichert hat; moderat und auch nicht immer, aber ich schnarche! Es braucht Zeit, bis das, was unter bewusster Steuerung und Kontrolle steht, in das Unterbewusstsein gelangt. Wenn dort der veränderte Zungeneinsatz angekommen ist, wird hoffentlich bald niemand mehr durch mein Schnarchen im Schlaf gestört.

Schnarchen sei an sich kein so großes Drama. Schlimmstenfalls muss der Partner zum Schlafen eben in ein anderes Zimmer umziehen. In dem Roman "Witwe für ein Jahr" kippt die einleitende Szene jedoch ins Dramatische, als sich herausstellt, dass es Ruths Vater ist, mit dem die beste Freundin die Nacht verbracht hat. Hannah versucht sich irgendwie herauzureden. Ruth schäumt vor Wut:

Hannah: "Ich bin ziemlich früh heute angekommen."

Ruth: "Du warst letzte Nacht schon hier. Du hast mich angerufen, nachdem du meinen Vater gefickt hast. Ich hätte Dir sagen können, dass er schnarcht."

Bis bald

Dein Großvater

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