top of page
Empfohlene Einträge

Im Brennglas der Alexandertechnik: Falsche Vorstellungen


Der Baum als Symbol der Alexandertechnik

Liebe Marie,

die Bibel sagt:" Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde." Wir wissen nicht, ob es sich wirklich so verhalten hat. Was wir aber dank der Erkenntnisse F. M. Alexanders wissen, ist dies: Es sind die Vorstellungen des Menschen selbst, die seinen geistig-körperlichen Organismus strukturieren und koordinieren. Unter diesem Gesichtspunkt findet sich in "Ein Vermächtnis der Evolution an die Menschheit von unschätzbarem Wert" (BooksonDemand, 2018), der deutschen Erstübersetzung MAN'S SUPREME INHERITANCE der folgende beispielhafte Fall: "Ein Schauspieler hatte festgestellt, dass er das eine oder andere lukrative Engagement nicht bekommen hatte, nur weil er größer als der Regisseur war. So wie er die Dinge sah, war seine Körpergröße der einzige Stolperstein für das, was er wollte und brauchte. Von da an betrachtete er sein Problem allein unter diesem Gesichtspunkt. So kam ihm nie in den Sinn, dass er aus der Art, wie er das Problem lösen wollte, körperlichen oder geistigen Schaden nehmen könnte. Sein eindimensionale Sichtweise ließ in ihm den Entschluss reifen, er müsse lernen, seine Mechanismen so zu gebrauchen, dass er seine Körperstatur verkleinern konnte, wenn er für ein Engagement vorsprach. Unglücklicherweise sind aber einer unterbewussten Steuerung und Kontrolle die Mittel-und-Wege, die benutzt werden, vollkommen egal. Er war sich auch nie der Mittel wirklich bewusst, die er letzten Endes verwendete. (..) So entwarf er eine Vorstellung, wie er stehen müsse, um beim Vorsprechen genauso klein, wenn nicht sogar noch kleiner als sein Gegenüber zu erscheinen. Was dabei wirklich bei ihm ablief, war ihm vollkommen unbewusst. auch hat er nie die Notwendigkeit gesehen, sich über die überaus wichtigen Abläufe kundig zu machen. Vier oder fünf Jahre waren inzwischen vergangen, seit er angefangen hatte, seine beondere Art des Stehens während des Vorspechens für eine Rolle zu verwenden. Jetzt kam er zu mir, weil er meine Hilfe brauchte. Er hatte schon seit längerem wiederholt seine Stimme verloren und er litt an allgemeiner Erschöpfung. Seine Nerven waren angegriffen und auch seine Verdauung war gestört. Einmal hatte er eine geistig-körperliche Krise durchlebt, die seine Ärzte als einen Nervenzusammenbruch diagnostiziert hatten."

Der wiederholte Stimmverlust und die gestörte Verdauung waren Symptome, die sich daraus ergeben hatte, wie der Schauspieler seinen geistig-körperlichen Organismus gebraucht hatte. Sein schädlicher Gebrauch manifestierte sich organisch auf verschiedene Weise: Er hatte ein starkes Hohlkreuz entwickelt; sein Kehlkopf wurde übermäßig heruntergedrückt; sein Brustkorb hatte sich über die Maßen versteift; er hatte Koordinationsschwierigkeiten beim motorischen Lernen; ihm war eine pessimistische Grundhaltung zu eigen; beim Gehen und Stehen drückte er seine Kniegelenke zu sehr durch und er schob dabei seine Hüfte zu weit nach vorne. Dies waren nur einige der Auffälligkeiten auf der Ebene des Gebrauchs.

Genau dort setzt nun die Alexandertechnik an. Der Gebrauch ist so zu verändern, dass das Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken wieder ungestört bleibt. Der Prozess der Umschulung wird allerdings nicht eher greifen können, bis die falschen Vorstellungen bewusst gemacht und dann auch aufgegeben worden sind. Um seine Vorstellungen zu verändern, bedarf es wohl eines Impulses von innen oder von außen. Dieser Impuls kann durchaus eine plötzliche Erleuchtung oder Eingebung sein, nur kann es sein, dass man darauf bis zum Sankt Nimmerleinstag warten muss. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man sich seines Verstandes bedient und mit Überlegung an die Sache herangeht. Nichts anderes hat F. M. Alexander getan, als er sich mit seinen eigenen Stimmproblemen konfrontiert sah, und schließlich sein System entwickelt hat. So können wir heute leichter mit Verstand die Vorstellung übernehmen, dass das Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken bei allem, was wir tun, tatsächlich nicht gestört werden sollte. Wenn dann noch ein Alexanderlehrer die notwendigen sinnlichen und kinästhetischen Erfahrungen vermittelt, wird sich diese Vorstellung mehr und mehr mit Inhalt füllen.

Liebe Marie, für heute will ich es damit bewenden lassen. In der nächsten Woche soll dann Angst unser Thema sein.

Bis dahin

Dein Großvater

Aktuelle Einträge
Archiv
Schlagwörter
Folgen Sie uns!
  • Facebook Basic Square
  • Twitter Basic Square
  • Google+ Basic Square
bottom of page