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Im Brennglas der Alexandertechnik: Der "perfekte" Körper


Liebe Marie,

danke für Deine Rückmeldung zu dem, was ich letzte Woche zu "Timo" geschrieben habe. Wenn Du anmerkst, dass ich ja wohl neidisch oder eifersüchtig auf Timos Körper sein müsse, so zeigt es mir auch dies: Ich habe nicht deutlich genug ausgedrückt, worum es mir eigentlich geht.

Ich bin durchaus Deiner Meinung, dass Timos Körperaufbau höchsten ästhetischen Ansprüchen mehr als genügt und ich verhehle auch nicht, dass ich mich zu meiner Zeit gerne mit einem solchen Körper geschmückt hätte. Nur ist Timo trotz seines "perfekten" Körpers erkrankt, obwohl so mancher erwartet hätte, dass er vor Gesundheit nur so strotzt. Alexandertechnik kann eine Erklärung dafür liefern: Timo hat sich den "perfekten" Körper erarbeitet, ohne auf die geeigneten Mittel-und-Wege zu achten. Er hat nicht beachtet, dass seine sinnlichen und insbesondere seine kinästhetischen Wahrnehmungen trügerisch sind und dass deshalb zunächst eine zuverlässige Wahrnehmung wiederhergestellt werden muss; er weiß nicht, dass seine Fähigkeit zur Hemmung zu stärken ist; ihm ist entgangen, dass die Bewegungen seines gesamten Organismus sehr fein mit dem natürlichen Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken koordiniert werden müssen; und er kennt die Steuerungsbefehle zur Primärkontrolle nicht, mit denen eine solche Koordination möglich wird.

Wie Timo seinen "perfekten" Körper erarbeitet hat, können wir nur vermuten. (Im Film sehen wir ihn einmal durch den Wald joggen. Liegestütze und Klimmzüge werden vielleicht auch zu seinem Programm gehört haben.) Heute geschieht das Work-out sehr oft im Fitnessstudio. Gerade jetzt zum Jahreswechsel nehmen sich sehr viele wieder vor, endlich etwas für die Gesundheit, etwas gegen die Rücken- oder Nackenschmerzen oder die verspannten Schultern zu tun. Die Ursache für die gesundheitlichen Probleme hat man schnell mit der schlechten Ausbildung der Muskulatur in Verbindung gebracht. Und weil die Freunde auch auf Fitnesstraining schwören, meldet man sich im Studio in der Hoffnung an, dass dort die Probleme beseitigt werden können.

Aber ist die Hoffnung berechtigt? Warum brechen dann so viele ihr Training im Laufe weniger Wochen wieder ab? Liegt es nur "an dem inneren Schweinehund", den es zu überwinden gilt, oder steckt weitaus mehr dahinter? Es gibt dazu ein Zitat von F. M. Alexander, der schreibt: "Den zunehmenden Verfall der Gesundheit ausschließlich auf die schlaffer werdende Muskulatur zurückzuführen, berücksichtigt nicht, dass die Gesundheitsprobleme auch mit der allgemeinen Verschlechterung der geistig-körperlichen Koordination und der sinnlichen Wahrnehmung zu tun hat." Also ist die Entscheidung zum Abbruch des Fitnessprogramm aus dieser Warte sogar "klug". (Ich habe klug in Anführungszeichen gesetzt, weil eine kluge Entscheidung nur bewusst und auf Verstandesebene getroffen werden kann. Hier, an dieser Stelle ist es wohl eher mehr ein Gefühl, das dazu führt, dass jemand aufhört.)

Marie, jetzt stellt sich Dir natürlich die Frage, wie die sinnliche und besonders die kinästhtetische Wahrnehmung entwickelt und die Gesamtkkoordination hergestellt werden kann. Ich werde Dir diese Frage sicherlich in einem zukünftigen Brief beantworten. Soviel will ich aber jetzt schon gesagt haben: Anweisungen und die Hände des Lehrers spielen dabei eine große Rolle.

Bis bald

Dein Großvater

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